Citationer

92.

Die Verbürgerlichung des Protestantismus, die Kierkegaard so leidenschaftlich bekämpft und der gegenüber er den Begriff des Wahrheitszeugen, das heißt aber den des Märtyrers, in den Mittelpunkt rückt, ist nur die notwendige Folge aus der protestantischen Verwerfung des Märtyrer- und Heiligenkultus.
(Erik Peterson, Theologische Traktate, 100)

91.

Meine falsche Lehre, o ist sie mir nicht als mein Kreuz mitgegeben auf meinen mühseligen Irrfahrten, diese falsche Lehre, ist sie mir nicht zugeteilt, damit ich mich an ihr rastlos emporbaue und auf das letzte falsche Glück verzichten lerne, damit ich sie überwinde und abstreife, o ist nicht gerade die falsche Lehre mein Weg zu Gott?
(Max Brod, Tycho Brahes Weg zu Gott, 273)

90.

Der Mensch ist ein Luxuswesen. Der Luxus im ursprünglichen Sinne ist keine konsumistische Praxis. Er ist vielmehr eine Lebensform, die frei ist von der Notwendigkeit. Die Freiheit beruht auf der Abweichung, auf dem Luxieren von der Notwendigkeit. […] Heute wird der Luxus vom Konsum vereinnahmt. Exzessiver Konsum ist eine Unfreiheit, ein Zwang, der der Unfreiheit der Arbeit entspricht. Der Luxus als Freiheit ist wie das Spiel nur jenseits von Arbeit und Konsum denkbar. So gesehen, ist er der Askese benachbart.
(Byung-Chul Han, Psychopolitik, 72)

89.

Ebenso wie die anderen Elemente des gegenwärtigen kulturellen Zusammenhangs befindet sich die Familie zu ihnen wie zum Ganzen nicht bloß in einem fördernden, sondern auch in einem antagonistischen Verhältnis. Wenn selbst in der Blütezeit der bürgerlichen Ordnung das gesellschaftliche Leben nur unter den größten Entbehrungen für die Mehrzahl der Menschen sich erneuert hat, so war die Familie ein Ort, wo sich das Leid frei ausgesprochen und das verletzte Interesse der Individuen einen Hort des Widerstands gefunden hat. Die Verdinglichung des Menschen in der Wirtschaft zur bloßen Funktion einer ökonomischen Größe, des Vermögens, oder einer technisch geforderten Hand- oder Kopfarbeit setzt sich zwar auch in der Familie fort, soweit der Vater zum Geldverdiener, die Frau zum Geschlechtsobjekt oder zur häuslichen Leibeigenen und die Kinder, sei es zu Erben des Vermögens oder zu lebendigen Versicherungen werden, von denen man alle Mühe später mit Zinsen zurück erwartet. Im Gegensatz zum öffentlichen Leben hat jedoch der Mensch in der Familie, wo die Beziehungen nicht durch den Markt vermittelt sind und sich die Einzelnen nicht als Konkurrenten gegenüberstehen, stets auch die Möglichkeit besessen, nicht bloß als Funktion, sondern als Mensch zu wirken. Während im bürgerlichen Leben das gemeinschaftliche Interesse, selbst wo es wie bei Naturkatastrophen, Kriegen oder der Unterdrückung von Revolutionen nicht durch Vertrag vermittelt ist, einen wesentlich negativen Charakter trägt und in der Abwehr von Gefahren sich betätigt, hat es in der Geschlechtsliebe und vor allem in der mütterlichen Sorge eine positive Gestalt. Die Entfaltung und das Glück des anderen wird in dieser Einheit gewollt. Dadurch entsteht der Gegensatz zwischen ihr und der feindlichen Wirklichkeit, und die Familie führt insofem nicht zur bürgerlichen Autorität, sondern zur Ahnung eines besseren menschlichen Zustands. In der Sehnsucht mancher Erwachsenen nach dem Paradies ihrer Kindheit, in der Art, wie eine Mutter von ihrem Sohn, auch wenn er mit der Welt in Konflikt gekommen ist, zu sprechen vermag, in der bergenden Liebe einer Frau für ihren Mann sind Vorstellungen und Kräfte lebendig, die freilich nicht an die Existenz der gegenwärtigen Familie gebunden sind, ja, unter dieser Form zu verkümmem drohen, aber im System der bürgerlichen Lebensordnung selten eine andere Stätte haben als eben die Familie.
(Max Horkheimer, Autorität und Familie, 403-404)

88.

Vi väntar att den andra människan skall vara och ge oss just det vi mest längtar efter. I stället för att kravlöst och tacksamt ta emot vad hon verkligen kan ge oss. Gjorde vi det skulle vi kanske finna att den gåvan stämmer överens med vårt eget väsens djupast och sannaste behov – som inte är detsamma som vår längtan efter lycka.
(Gunnel Vallquist, Steg på vägen, 42)

87.

The ‘publish or perish’ device was first only comical and vulgar; today it is a clear damage to all serious effort.
(Hannah Arendt, Denktagebuch, Dezember 1968)

86.

was du die Gleichgültigkeit die Natur nennst / ist deine eigene Apathie
(Peter Weiss, Die Verfolgung und Ermorderung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade, sz. 12)

85.

it is gradually becoming clear that up to the present methodology has always been the best scientific excuse for doing no scientific work at all. Nowadays it is possible to devote oneself to restful vacancy of mind without danger of reproach; for it is easy to impress the philosophic layman with the declaration that one is busy with considerations of methodology. […] Methodology is the most convenient haven for intellectual sterility. […] This is a sort of Hamlet compulsion which inhibits all real scientific work by continuous delay of action. […] Those critics who limit their studies to methodological investigations remind me of people who are always polishing their glasses instead of putting them on and seeing with them.
(Theodor Reik, From Thirty Years with Freud, 124-5, 138)

84.

Life, for which we are responsible, presents powerful motives for discouragement and innumerable more or less vulgar diversions and compensations. A year doesn’t go by when people we loved haven’t succumbed, for lack of having clearly grasped the present possibilities, to some glaring capitulation. But the enemy camp objectively condemns people to imbecility and already numbers millions of imbeciles; the addition of a few more makes no difference. The primary moral deficiency remains indulgence, in all its forms.
(Guy Debord, ”Introduction to a Critique of Urban Geography”)

83.

Like every other employment too, it [philosophy] is subdivided into a great number of different branches, each of which affords occupation to a peculiar tribe or class of philosophers; and this subdivision of employment in philosophy, as well as in every other business, improves dexterity, and saves time.
(Adam Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, book 1, chapter 1)